Fünftagesrundreise NT

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Gedanken dazu und Versuch eines Reiseberichts

Die Tour in den Outback liegt jetzt auch schon wieder gut ein paar Wochen zurück. Langsam setzt schon das Vergessen ein. Vielleicht hilft es aber auch, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Oder das das Schlechte (und davon gab es einiges) zu verdrängen…so nutzt ich nun diesen extrem stürmischen und regnerischen Tag um einfach einmal mit dem Reisebericht zu beginnen. Die Alternativen - von der Leiter geblasen oder von einem Ast erschlagen zu werden - erscheinen mir einfach heute nicht erstrebenswert.

Meine kleine Rundreise begann in Alice Springs. Der anfänglicher Sicherheitspuffer aus je einem Tag vor und nach der fünftägigen Rundreise wurde schon kurz nach der Buchung durch den Reiseveranstalter aufgefressen. Nun hatte ich 2 Tage in Alice Springs totzuschlagen und keinen Tag Puffer mehr nach meiner Rückkehr aus dem Outback. Zwei Tage in Alice Springs sind auf jeden Fall eine Herausforderung. Darwin ist gegenüber Alice Springs eine Weltstadt…das Zentrum dieses Ortes in der Mitte Australiens hat man in gut 20 Minuten erlaufen. Der Ghan, ein Zug der Australien von Nord nach Süd durchquert, kommt auch nur zwei mal die Woche vorbei und die Cafés machen am Nachmittag um 15 Uhr dicht. Wegen der Hitze macht auch das Erkunden zu Fuß nur bedingt Freude. Statt dessen lungern in den Straßen zahlreiche Aborigines herum die einem entweder Punktkunst verkaufen wollen oder einen anschnorren. Auch scheinen Drogen und Alkohol in diesem Teil der Bevölkerung ein ernsthaftes Problem zu sein. Die Polizei kennt wohl ihre Pappenheimer. Vor den Alkoholläden werden von der Polizei die Ausweise kontrolliert (es gibt wohl Verurteilungen die in einem Alkoholverbot münden und das muss kontrolliert werden) und in den Läden geht keine Bierdose ohne vorherige Kopie des Ausweises über den Tresen.

So hing ich nun zwei Tage in der Jugendherberge ab. Zum Glück hatte ich mir noch am Flughafen einen weiteren Schmöker gekauft. Wobei es in sich in der YHA Jugendherberge durchaus aushalten lässt. Zentral gelegen und Sauber - im vergleich zu Anderen Absteigen ganz ok. Am Morgen des dritten Tages begann nun der Trip mit etwas Verzögerung um 0620. Die zusätzlichen 20 Minuten Wartezeit an der Bushaltestelle hatten die Mücken bereits ausgiebig genutzt um sich an mir zu laben. Andererseits bot sich mir die Möglichkeit so live einer Verhaftung eines Passanten beiwohnen. True Crime.

Der “Bus” war dann auch eher ein LKW mit Allradantrieb und Passagierkabine. Der Federkomfort entsprache auch dem eines LKWs. Die “kleine” Reisegruppe (der Reiseveranstalter sprach von maximal 16 Personen) bestand - nachdem gefühlt jedes Hotel der Stadt angesteuert worden war - aus 17 Personen. Eine dänische Familie, zwei norwegische Paare, ein schweizer Pärchen, ein australisches Pärchen, eine Neukaledonierin, eine Canadierin und ein deutsches Pärchen. Bis auf die Deutschen und die Dänen alle jenseits der 50er. Die beiden “Guides” ware eine gut 22 jährige australische Trulla und ein ebenso alter, extrem - fast schon zu - entspannter Neuseeländer. Leiten sollte die Rundfahrt die Dame. Der Neuseeländer war nur stiller Beobachter des Dramas und sollte sie wohl evaluieren. Ich könnte mich jetzt seitenlang über die Reiseleiterin auslassen - werde es aber nicht tun. Mir ist einfach die Zeit zu schade. Nur so viel: Augen auf bei der Berufswahl!

Stationen der Fahrt waren Uruluh (überschätzt), Kata Tjuka (ganz nett), Kings Canyon (naja), Tjoritja (wirklich schön) und eine Rinderfarm im Outback. Der letzte Ort dieser Reise war wirklich besonders. Bis dato wurden man an den verschiedenen Orten entweder von Fliegen oder von Mücken gepiesackt. Wenn die Fliegen tagsüber flogen hatten die Mücken Pause und umgekehrt. An diesem Ort herrschte ein fast harmonisches Miteinander aus beiden Insektenarten. Der Veranstalter hatte eine echte Outback Experience angekündigt. Ohne Übertreibung konnte man von dieser sprechen. Übernachtet wurde in “Swags” - dem australischen Pendant zum Biwaksack. Dieser aus schwerm Baumwollstoff gefertige Schlafsack war bereits mit Matraze und Kissen ausgerüstet so dass man nur noch mit einem Liner bzw. dem eigenen Schlafsack hineinschlüpfen musste. Wie das im Outback gelingen soll ohne mindestens eine gute Schippe Sand mit hinein zu nehmen frage ich mich immer noch. Wahrscheinlich ist dies auch Teil der Outback Experience. An den anderen Orten an denen wir campten konnte man seinen Swag immerhin auf Platformen über dem Boden aufschlagen - hier gab es nicht mal das. Auch waren Mückennetze nicht vorgesehen. So blieb als Alternative nur den “Swag” komplett dicht zu verschließen und nur durch ein kleines Atemloch zu atmen. Der Luftaustausch im restlichen Schlafsack bei gut 25°C Außentemperatur war dadurch natürlich etwas eingeschränkt. Eine tolle Erfahrung. Alles es dann auch noch mitten in der Nacht zu regen begann - schwarze Gewitterwolken, Blitz und Donner vor dem Schlafengehen waren für die Buschexpertin noch kein eindeutiges Zeichen für drohenden Unbill von oben - war die Experience perfekt. Dem entsprechend gut war auch die Stimmung am nächsten Morgen. Insbesondere die etwas betagtere Kundschaft sah mehr als nur zerknittert aus.

Uruluh bzw. Ayers Rock ist komplett von Touristen wie mir überlaufen. Eigentlich lohnt sich der Felsen nur bei Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergang. Die Menschenmassen kanalisieren sich jedoch auf einen der großen Busparkplatz von dem aus auch die bekannten Fotos geschossen wurden. Der Weg hinauf auf den Felsen war “wetterbedingt” gesperrt. Eigentlich ist er mittlerweile wohl immer gesperrt. Mal ist es zu heiß, mal zu kalt, mal zu trocken, mal zu nass und manchmal einfach nur zu. Die Sicherungen des Pfades nach oben werden ab nächsten Jahr auch komplett abgebaut. Dann wird der Felsen komplett wieder an die Ureinwohner übergeben. An Uruluh zeigt sich für mich aber auch ganz gut die Probleme, die sich beim Zusammenprall von Kulturen bzw. Religionen ergeben.

Wenn man den Felsen am Fuß umwandert gibt es immer wieder Zonen in der Landschaft, in der man nicht fotografieren darf um die religiösen Gefühle der Ureinwohner nicht zu verletzten. In diesem Moment wurde mir die Absurdität der Definiton “religiöser Gefühle” bewusst. Eben jenen Begriff machen sich ja auch allen anderen Religionen sich zu Eigen. Eine beliebige, nicht rational erklärbare, menschengemachte Regel an die sich alle anderen halten müssen. Einen Felsen bzw. ein Stück Land nicht fotografieren zu dürfen, weil ein Foto Gefühle von anderen Menschen verletzt, die weder auf dem Foto sind, noch wissen, dass ich es gemacht habe ist grotesk. Auf ähnlicher Ebene spielen da Verbote in den anderen Weltreligionen. Ein schönes Beispiel ist das bayrische Feiertagstanzverbot. In Bundesländern nebenan ohne das Verbot wird sicherlich getanzt. Meiner Ansicht nach aber wurde die Sinnlosigkeit religiöser Regeln nirgendwo sonst so auf die Spitze getrieben, wie hier in der Mitte vom Nirgendwo mit einer Kultur, die weder Schrift noch die Konzepte von Besitz, Zeit und Geld kannte. Man könnte sich auch fragen was die Definition von Kultur und Religion ist? Wie weit darf und muss man anderen Kulturen und Religionen respektieren und deren Regeln ertragen? Wie würden wir es mit den Mayas halten, wenn diese die spanische Invasion überlebt hätten? Vielleicht sollte man einfach jede Religion und jedes Brauchtum ablehnen, die einen Machtanspruch auf andere Menschen haben.

Die Frage ist nun - wenn man es gedanklich weiter treibt - sollte man statt dessen um das Areal einen großen Bogen mache bzw. Zaun errichten und den Tourismus einfach dort aus Respekt vor dieser Kultur komplett verbieten? Es gibt genug andere Felsen auf dem Planeten die man statt dessen besichtigen könnte wenn einem danach ist. Die meisten davon düfte man wohl sogar besteigen.

(geschrieben am 02.12.2018)