Auckland
Die letzten anderthalb Tage in Auckland vergingen sehr unspektakulär. Einen halben Tag klar Schiff machen. Und den letzten Tag noch Auckland erkunden. So der Plan. Leider hatte ich diesen Plan ohne den öffentlichen Nahverkehr in Auckland gemacht. Die nun folgenden ca. 5 Leseminuten schildern nun von einem nahezu kafkaesken Versuch den Nahverkehr zu nutzen. Wenn man dachte man sei von München – mit der Einteilung in Zonen und Ringe – einiges gewöhnt wird man von Auckland eines Besseren belehrt. Hier schlägt man sich nicht mit den Finessen eines Tarifsystems herum, hier wird einem schon die grundlegende Nutzung verleidet.
Von meinem letzten Besuch war mir noch in Erinnerung, dass das Stadtgebiet extrem hügelig ist und somit das Flanieren eher einer mittelsportlichen Wanderung ähnelt. Daher war der Idee dieses Mal entlang der Busline “Inner Circle” die Stadt zu erkunden.
Für solch ein Unterfangen bietet sich eigenlich immer ein Tagesticket an. Manche Städte haben dafür auch ein Angebot, das speziell auf Touristen zugeschnitten ist und meist auch noch freien Eintritt in Museen etc. beinhaltet.
Nicht so Auckland. Das “Explore Auckland” Ticket wurde wohl schon vor einiger Zeit abgeschafft. Hier gibt es nur ein Tagesticket, dass großartigerweise von 0:00 bis 0:00 gilt, so dass vereinzelte Nachtschwärmer gleich zwei Tickets kaufen müssen.
Um nun in den Genuss eines Tagestickets zu kommen muss man zurerst eine Verkaufsstelle für die “Hop on”-Chipkarten finden. Bei mir war erst mal kein Verkaufsbüro in der Nähe, so dass ich erst mal 8$ in Einzelkarten investieren durfte um in die Stadt zu gelangen. Die Busfahrer verkaufen sinnvoller Weise kein Tagesticket sondern nur noch Einzeltickets. Man findet zwar überall Ladeterminals für diese Chipkarten – an Verkaufsautomaten für diese Dinger hat jedoch scheinbar niemand gedacht.
Im “Servicecenter” angekommen kaufte ich also zuerst für 10$ eine Chipkarte. Warum eine verdammte Chipkarte im Jahre 2016 noch 10$ kosten muss erschließt sich einem nicht sofort. Auch nicht später. Anschließend läd man nochmals 18$ für das Tagesticket auf und lässt sich das System vom freundlichen Schalterbeamten erklären. Auf die Frage, ob es mit dem Ein- und Ausstempeln genaus funktioniere wie in Melbourne. “Ja, klar – wie in Melbourne”. Frohen Mutes verlies ich das Gebäude um mich zur Bushaltestelle der grünen Linie zu begeben. Alleine dies wäre ohne ein Smartphone nicht zu bewerkstelligen gewesen. Selbst wenn man nur 5m davon entfernt stand, war die Bushaltestelle nicht als solche zu erkennen. Auf eine auffällige Beschilderung hat man zu Gunsten der Werbeflächen für Ladenbesitzer wohl verzichtet. Als der Bus nun ankam, bestieg ich das Gefährt durch die hintere Tür und stempelte am Kartenleser ein. Was nun folgte entbehrt jeglicher Beschreibung. Der Bus ging augenblicklich in eine Art “Lockdown”. Türen zu, Alarm! Die Busfahrererin drehte sich - soweit es ihr die physischen Randbedingungen aus Leibesfülle und Sitzposition zuließen - um und begann mich anzuschreien. Der ungefähre Monolog war wir folgt: was mir einfiele dort in den Bus einzusteigen…dies sei verboten und nun müsse ich eine Strafe zahlen. Dies wiederholte sie lautstark mehrere Male. Auf meinen Einwand hin, dass a) kein Schild darauf hinweise, nicht an der hinteren Türe einzusteigen und b) ich eine Tageskarte besäße, erwiderte sie, dass
- “jeder in Auckland” dies wisse. Aha, Gemeinwissen also. Logisch! Warum sollte man eine offene Bustüre auch nicht zum Einsteigen nutzen?!?
und außerdem
- die Karte jetzt “leer” sei. Ich müsse jetzt erneut ins “Servicecenter” gehen und meine Strafe bezahlen.
Also wieder raus aus dem Bus und zum “Servicecenter”. Dort erklärte mir der gleiche freundliche Herr dass man nicht am hinteren Stempelautomaten einstempeln dürfe. Dies ginge nur vorne (Ausstempeln vorne ist aber nach Beobachtung ok) Ansonsten müsse man eine Strafe zahlen (Ach!). Mein Einwand, dass sich dieses Prozedere dann doch in einem wesentlichen Punkt von dem in Melbourne unterscheide (dort kann man überall Ein- und Ausstempeln) beantwortete er mit einem süffisanten – “Yeah, thats different from Melbourne”. Um nun mein Tagesticket wieder nutzen zu können müsse ich erst mal die 5$ Strafe zahlen. Diskussion sinnlos.
Vor lauter Groll war mir nun die Lust auf Stadtrundfahrt mit dem Nahverkehr gründlich vergangen. Die 500m die ich dann doch zum Foodcourt fuhr steckte ich quasi ununterbrochen im Stau. Hätte also genausogut zu Fuß laufen können. Toller Nahverkehr. Den Tag beschloss ich nun mit einem kleinen Kinomarathon ausklingen zu lassen. Zuerst “Arrival” ein gar nett anzuschauender SciFi-Film und anschließend Mel Gibsons religiösen Antikriegsfilm (ich glaube das Genre hat er neu begründet) “Hacksaw Ridge”. Auch ein großartiger Film – wenngleich Herr Gibson sein Passion zu Bibeln und zu Gore (also Blut, Gedärme und Körperflüssigkeiten) gnadenlos auf den Zuschauer wirken lässt. Unbequeme 2 Stunden Kinoerlebnis. Nachdem die Klassifizierung hier in NZ 15 Jahre für den Film ist, könnte man folglich Saving Privat Ryan nun 6 Jährigen zeigen. Der Film ist wirklich nichts für schwachte Gemüter…
Am folgenden Tag habe ich mich nun auch von Horst getrennt. Ich habe ihn in den groben Hände eines auf dem Campingplatz arbeitenden Bauarbeiters entlassen. Lebe Wohl Horst. Und nachdem – nach Mel Gibson – jede gute Tat belohnt wird bzw. keine böse Tat unbestraft bleibt, habe ich mich auch fast auf der Treppe nach dem Duschen langgelegt. Ein Riemen meines Flipflops riss infamerweise just auf der Treppe – womit auch quasi sämtliche Haftung auf dem Standbein flöten ging. Nur mit großer Mühe konnte ich mich auf den Beinen halten. Ein Zeichen?!? Sollte ich gleich Herrn Gibson anrufen?
Und für alle, die so lange mit dem Lesen durchgehalten haben, gibt es nun eine kleine Auswahl an Schwarz/Weiß Fotos des Aufenthaltes.
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