Poor Knighs – Trouson Kauri Park

Heute sollte nur eine geruhsame Fahrt zu den Kauri Bäumen an der Westküste anstehen. Auf zum Trouson Kauri Park! Unterwegs noch ein kurzer Stop in Opononi um die gigantische Düne fotografisch festzuhalten,  die die Bucht von der Tasman Sea abschirmt. Wenn man dann die SH12 entlangrumpelt kommt man unweigerlich an den größten Kauri Bäumen Neuseelands vorbei. Die größten, die man noch stehen gelassen hat. Diese Bäume sind so groß, dass Fotografieren eigentlich völlig unsinnig ist , da es an unmittelbaren Vergleichsgrößen fehlt. Die Besichtigung der Bäume wird von den örtlichen Maori touristisch ordentlich ausgeschlachtet. Busladungsweise werden die Touristen dorthin gekarrt. Mir ist besonders der rituelle-spirituelle Zinober suspekt der dann dort veranstaltet wird. Mich würde ja interessieren, ob ein Maori früher, wenn er durch den Wald maschierte an jedem großen Baum in minutenlangen lauten Singsang ausbrach, oder ob das nur die Show für die Touristen ist.

Eine lustige Anektodote aus der Rubrik “zufällig aufgeschnappt” muss ich aber noch erwähnen. Nachdem es hier in NZ vor deutschen Touristen nur so wimmelt (man könnte auch von einer heimlichen Invasion mit Campervans sprechen) lies es sich nicht vermeiden, auf der Aussichtsplattform auf Landsleute zu treffen. Wobei die Obermenge der Landsleute ganz klar in zwei Teilmengen aufteilen lässt. Die Teilgruppe 1 der unter 20 Jährigen, die jetzt – weil es keinen Wehr- und Ersatzdienst mehr gibt, für ein Jahr in unprofessionell umgebauten Spacewagons (Honda Odyssee o.ä) durch Ozeanien zu tingeln um den geistigen Reifungsprozess für den weiteren Lebensweg mit gesellschaftlich wertvoller Plantagenarbeit im Ausland zu unterstützen und die Gruppe der über 65 Jährigen, die einfach jetzt die Kohle haben (wo Teilgruppe 1 aus dem Haus ist) in riesigen Motorhomes durch NZ zu düsen.

Das Junge Mädel (aus Teilguppe 1) sitzt also also auf der Bank der hinteren Aussichtsplattform, alle schweigen und gucken sich faziniert den Baum an. Teilgruppe 2 auf der Plattform mit den besseren Plätzen lauscht andächtig dem Singsang des Guides. Plötzlich sagt zu ihrer Freundin: “Also ich weiß nicht, ich hätte mir das ganze ja viel magischer vorgestellt”. Ich musste mich echt zusammenreißen nicht laut loszulachen…wie magisch hätten sie es denn gerne? Etwas Feenstaub? Ein Einhorn dass in Regenbogenfarben pinkelt?!? Genügt ein Baum der knapp 2000 Jahre alt ist, ein Holzvolumen von 250m3(!) hat und auf dem andere Bäume wachsen bzw. der quasi ein eigenes Ökosystem in sich ist nicht für einen kleinen magischen Moment?

Ich verlies also diesen nicht magischen Ort um mich auf die Suche nach etwas noch großartigerem zu machen. Der Trouson Kauri Park versprach eine Campsite mit angeschlossenem Kauri Wald (oder umgekehrt). An dieser Stelle eine kleine Reiseempfehlung. Wenn man von Norden kommt sollte man nicht dem ersten Hinweisschild zu dem Wald folgen. Dies hat unmittelbar gut 10km Schotterpiste zur Folge. Besser ist es, gut 8km weiter zu fahren und die Teerstraße zu nehmen. Vorher geht es übrigens noch einmal rechts ab zur Küste. Nach 6km Schotterpiste kommt man nach Aranga. Dort kann man sein Fzg. abstellen und den nahen Gipfel (1.5h) erklimmen. Von dort soll es eine wunderbare Aussicht über die Küste geben (wenn das Wetter mitspielt).

Im Park angekommen begab ich mich nach der Registrierung unmittelbar auf den Lehrpfad im Wald. Wenn man diesem Pfad so folgt macht es einen irgendwie traurig. Man erkennt wir die Siedler all diesen wunderbaren Wald zerstört haben um daraus ödes Farmland zu machen.

Grundsätzlich würde mich sowieso mal der neuseeländische Ansatz zur Forst und Holzwirtschaft interessieren. Während man bei uns ja mittlerweile wieder auf robuste Mischwälder setzt, pflanzt man hier offensichtlich weiter Monokulturen mit Klonen (ein Baum sieht aus wie der andere) und wenn es Zeit zur “Ernte” ist wird der ganze Berg abgeholzt. Quasi komplett rasiert. Sogar die Äste und der Waldboden werden verwertet. Gibt es da dann kein Problem mit der Erosion, wenn wirklich die gesamte Vegetation entfernt wird? Sehr abstrus.

Der Wald hier ist wirklich wunderbar. Von allen Seiten hört man Vogelgezwitscher und die Menge an “Grün” sowie die Anzahl der Baumriesen ist wirklich überwältigend. Ich beschloss daher nochmals in der Nacht den Wald aufzusuchen. Nachdem in Neuseeland eigentlich kein Tier einem etwas zu Leide tun kann ist der Mut den es dazu braucht, nachts alleine in den Wald zu gehen, eher gering. Frohen Mutes packte ich meine Kopflampe, schaltete sie – wie am Eingang des Parks gefordert – auf Rotlicht um die nachtaktiven Tiere nicht zu stören und wanderte los. Nach gut 50 Meteren musste ich stoppen weil ich sprichwörtlich im Dustern stand. Ich wollte meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen und schaltete die roten LEDs aus. Im ersten Moment ging mir wirklich der Arsch auf Grundeis. Man sieht nichts und von allen Seiten kommen irgendwelche raschelnden Geräusche. Ab und zu ruft ein Vogel. Sehr gespenstisch die Atmosphäre. Ich wurde aber umgehend aus dieser selbstverschuldeten Lage befreit. Ein Pärchen aus Frankreich mit Kopflampen der Marke “Gleißende Mittagssonne” bzw. in diesem Fall “luisante soleil de midi” kamen laut palrlierend den Weg entlang. Der Schmerz in meinen Augen war – obwohl ich mich schnell wegdrehte – beträchtlich. Wie müssen sich das erst für nachtaktive Tiere gestalten, deren Augen um einiges empfindlicher sind? Als sich die Franzosen bzw. deren Schall und Licht verzogen  hatten, versuchte ich erneut meine Augen anzupassen. Dieses mal dauerte es keine 10 Minuten bis ein deutsches Pärchen den Wald in gleißendes Licht tauchte. Insgesamt dauerte es eine Stunde (und zwei weitere Touristen mit weißen Taschenlampen) bis ich endlich loslaufen konnte.

Das Erlebnis dann war wirklich sehr schön. Ein bischen wie in Avatar. In der Dunkelheit kann man Glückwürmchenkolonien erkennen, die andere nachtaktive Insekten jagen. Wenn man etwas still stehen bleibt fängt der Wald an zu leben. Überall raschelt es und wenn man dann seine Lampe einschaltet kann man im schwachen Lichtkegel des Rotlichts machmal ein paar helle Augen von irgendeinem Tier erkennen, die einen anstarren. Wahnsinn. Kiwis hört man schon von weitem. Ihr tapsender Gang und kontinuierliches Geniese machen die akustische Entdeckung leicht, durch sein Federkleid fällt die Entdeckung im Unterholz jedoch etwas schwerer. Man hört es also eher als dass man es sieht. Gegen Ende der Wanderung konnte ich dann auch noch einen Blick auf einen Kiwi bei Nacht erhaschen bevor er wieder im prustend im Unterholz verschwand.

Zusammenfassend ein sehr emfehlenswerter Campingplatz – auch wenn die Örtlichkeiten etwas in die Jahre gekommen sind und nicht an die kommerziellen Plätze herankommt – ich würde ihn angesichts der Lage jederzeit wieder besuchen.